Das kannst du voll knicken! – Das Papierlabor

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Lukas Thein

In den Herbstferien hieß es endlich auch im Deutschen Museum Bonn: Der Kulturrucksack 2021 findet statt! Nach einem ersten Versuch in den Osterferien, abgesagt durch den Lockdown, hat dann vom 19. bis 22. Oktober eine Gruppe von Jugendlichen mit dem Material Papier gearbeitet und dabei viele schöpferische und kreative Prozesse in Gang gesetzt – frei nach Voltaires Zitat: "Jede Art von Kunst ist gut, außer der, die langweilig ist."

Alle, inklusive der beiden Kursleiter (ein Künstler und eine Studierende der Chemie) waren aufgerufen, ihre Fähigkeiten im Zeichnen, Malen und plastischen Gestalten einzusetzen und ihre Kenntnisse des verwendeten Materials auszubauen. Zum Beispiel bei der Frage: Wie reagiert welches Papier unter meinen Händen? Wie lange sind Trocknungszeiten? Welche chemischen Prozesse verändern mein Cyanotopie-Bild und was passiert, wenn ich Eisensalze auswasche?

Moment mal: Cyanotypie? Klingt ziemlich chemisch, aber man kann auch Blaudruck sagen. Dabei handelt es sich um eine monochrome Fototechnik auf Papier, die ohne großen Aufwand nachzuvollziehen ist und in ihrer Wirkung erstaunliche Ergebnisse ergibt. 1842 entdeckte der Naturwissenschaftler und Astronom Sir John Herschel, Sohn des deutsch-britischen Uranus-Entdeckers Wilhelm Herschel, dieses Verfahren zur Herstellung von stabilen Bildern. Klarer Fall für einen künstlerischen Workshop, der in einem Chemie-Schülerlabor stattfindet: Die lichtempfindliche chemische Eisenlösung, bei der das Eisen unter UV-Licht blaue Kristalle bildet – daher auch der Name Blaudruck – wurde selbst hergestellt und auf Papier aufgetragen.

Nach dem Trocknen wurden die nun lichtempfindlichen Papiere mit Gegenständen dekoriert (z. B. mit Blättern) und dem natürlichen UV-Licht, der Sonne, ausgesetzt. Nach etwa 5 bis 10 Minuten zeichneten sich die Gegenstände auf dem Papier ab, es entstanden Muster. Nach der Ausbelichtung wurden die Papiere unter Wasser ausgewaschen. Die nicht wasserlöslichen blauen Eisensalzkristalle verblieben im Papier; alle anderen Grün- und Brauntöne verschwanden im Wasser. Die Bilder entstanden also direkt im Papier und nicht nur in einer Schicht an der Oberfläche.

Langeweile im Feriencamp? "Das kannst Du voll knicken!" Natürlich ging es auch um das: ums Knicken. Die Faltkunst Origami bietet viele Möglichkeiten in Kunst, Natur und Technik und ist weit mehr als eine Spielerei mit Papier! Die Gruppe im Papierlabor erfuhr dabei, dass Falten nicht nur tolle Muster, Gegenstände und Figuren hervorbringen, sondern auch erstaunlich fest machen können. So kann aus einem dünnen Papier ein stabiles Blatt geformt werden. Das Vorbild für Wellblech, das in der Technik vielfach zum Einsatz kommt.

Noch stabiler und flexibel zugleich wird das Papier, wenn die Wellen – oder besser Zacken – in gegenläufigen Falten ausgearbeitet werden. Die so genannten "Fishbone"-Faltungen sind Zickzack-Faltungen, die bei etwas Übung und Geduld mit flexiblen Reliefstrukturen von großer Schönheit belohnten. Ebenfalls auf dem Programm standen auch gefaltete geometische Körper. Ihre Module, dreieckige und viereckige Papiere, lassen sich mit einfachen Faltungen später zu schönen Polyedern zusammenstecken.

Man merkt immer wieder: Das Besondere an diesem Projekt ist die Verbindung von Kunst und Wissenschaft, Kreativität und Technik. Dafür stehen schon die Partner: Jugendkunstschule im artefact und Deutsches Museum Bonn. Was sonst in Schulfächern häufig getrennt verläuft, wird in den gemeinsamen Feriencamps zusammengebracht. Dies und der erlebnisorientierte Ansatz zahlen sich immer aus, denn die Jugendlichen sind alle stolz auf ihre fantasievollen Kunstwerke – und bleiben neugierig.

Dr. Andrea Niehaus, Deutsches Museum Bonn

Lukas Thein, Jugendkunstschule

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